Google Core Web Vitals: Auswirkung von ungewöhnlichen Traffic-Spitzen
Über die Bedeutung der Google Core Web Vitals als neuer Rankingfaktor für Seiten ist schon relativ viel geschrieben worden. Eine Besonderheit der Web Vitals ist die Berechnung der Werte aus den realen Nutzerdaten, die auf der Seite gemessen werden. Diese Felddaten werden aus dem Chrome User Experience Report (CrUX) gewonnen. Das ist prinzipiell zu begrüßen, da sich so viel eher die echte Nutzererfahrung auf einer Seite messen läßt.
Was geschieht aber, wenn sich diese Felddaten aufgrund eines unvorhergesehenen Traffic-Peaks plötzlich stark verändern? Wir konnten diesen Fall kürzlich auf einer von uns betreuten Website beobachten.
Ausgangslage: Das „Stammpublikum“ sieht im Durchschnitt sehr performante Seiten
Die betroffene Website bietet sachliche Ratgeberseiten zu einem beliebten Spezialthema an. Dabei gibt es einen stetigen (und gleichmäßig verteilten) hohen Trafficstrom von Interessenten, die durchweg über eine (für Deutschland) relativ gute Internet-Anbindungen und halbwegs aktuelle Devices zu verfügen scheinen. Entsprechend waren die Core-Web-Vitals-Durchschnittswerte für diese Website durchgehend im „grünen Bereich“ eingestuft.
Die Website ist so eingerichtet, dass die meisten der Ratgeberseiten auf ein gemeinsames Seitentemplate zurückgreifen, also technisch ähnlich aufgebaut sind. Lediglich Verteilerseiten und Newsbeiträge werden über ein anderes Template erzeugt und unterscheiden sich daher strukturell etwas von den Ratgeberseiten.
Plötzliche Trafficspitze auf Einzelseite durch Fernseh-Beitrag
Auf einer der Ratgeberseiten werden die Erfahrungen eines bekannten Fernseh-Promis mit dem Spezialthema besprochen. Aufgrund des zugkräftigen Namens ist diese Promi-Seite zwar in der Regel eine der traffic-stärksten Seiten auf der Website – ansonsten unterscheidet sie sich aber nicht wirklich von den anderen Ratgeberseiten.
Im Februar hatte der Fernseh-Promi eines Abends einen größeren Fernsehauftritt, bei dem es offenbar auch um das Spezialthema ging, das auf der Seite behandelt wurde. Direkt während und kurz nach dem Fernsehbeitrag stiegen die Zugriffszahlen auf der Promiseite rasant an. Es ist innerhalb weniger Minuten zusätzlich etwa doppelt so viel Traffic auf dem Webserver, wie er sonst über den ganzen Tag verteilt stattfindet. Dabei wird praktisch nur die betroffene Promi-Seite (gefunden über die Google Suche zu dem Promi-Namen) aufgerufen.
Die unerwartete Lastspitze auf der Seite wird dank Varnish-Caching zwar relativ gut aufgefangen, allerdings gerät der Server selbst durch die vielen gleichzeitigen Aufrufe schon nahe an die Belastungsgrenze und kann die Aufrufe teilweise nur mit etwas Verzögerung abarbeiten.
Zunächst wirkt sich diese Traffic-Last für die Website eher positiv aus: die Gesamt-Zugriffszahlen gehen vorzeigbar nach oben und es wurde relativ viel Werbung auf der Seite ausgeliefert und auch geklickt.
Mit ein paar Tagen Verzögerung zeigen sich dann aber überraschende Negativ-Auswirkungen auf die Core Web Vital Werte in der Google Search Console.
Sofa-Surfer verfälschen die Feldwerte mit schlechter Anbindung und veralteten Devices
Es ist davon auszugehen, dass viele der Spitzenlast-Besucher die Seite direkt von der Couch aus mit ihren Handys oder Tablet (Second Screen) aufgerufen haben. Daher wurden die Felddaten für die Promiseite plötzlich mit vielen sehr langsamen Anbindungen und veralteten Prozessoren erfasst. Dieses Equipment unterschied sich auffällig von den Devices und Anbindungen, die sonst vom Stammpublikum der Website verwendet wurde (normale Rechner mit guter Anbindung).
Relativ schnell nach dem Vorfall erfolgen daher in der Search Console Meldungen, dass es bei den Core Web Vitals auf dieser speziellen Seite Probleme gab, vor allem mit der Dauer bis zum Aufbau des „Largest Contentful Paints“ (LCP).
Diese kritisierten Performance-Probleme ließen sich mit einem normalen Desktop-Browser nicht einfach nachstellen. Erst wenn bei der Performance-Simulation eine „Slow 3G“-Anbindung in Kombination mit einem 4x langsameren Prozessor gewählt wurde, ließen sich die kritisierten Werte auch lokal beim Webentwickler nachvollziehen.
Unerwartete Folge: eine einzelne Seite beeinflusst die „Core Web Vitals“-Werte für die gesamte Website
Zunächst bleibt die Warnung auch auf die einzelne Promi-Seite beschränkt. Allerdings beginnt sich in den darauf folgenden Tagen das Problem auch auf die anderen Ratgeberseiten mit dem gleichen Seitentemplate (ca. 1.600 Seiten) zu verlagern.
Immer mehr Seiten mit dem gleichen Template erhalten den „Malus“ der schlechten Nutzerdaten von der einzelnen Seite, obwohl die Fernsehzuschauer außer der eigentlichen Promiseite praktisch keine weiteren Seiten des Servers aufgerufen hatten.
Nach ca. 14 Tagen wurden Core-Web-Vitals-Werte für alle ähnlichen Ratgeberseiten als „verbesserungsfähig“ statt gut eingestuft. Die News- und Verteilerseiten auf dem Server mit anderen Seitentemplates blieben aber weiter im grünen Bereich.
Da in den nächsten Tagen nicht mehr über den prominenten Performancekiller berichtet wurde, begannen sich die Werte allerdings dank des Stammpublikums mit seinen besseren Devices auch schnell wieder zu erholen. Am grundsätzlichen Seitenaufbau oder an den Servereinstellungen wurde in dem betroffenen Zeitraum nichts Einschneidendes verändert.
Zum Glück hat sich der Vorfall nicht wirklich negativ auf Rankings oder Traffic der Website ausgewirkt. Zu diesem Zeitpunkt sind die Web Vitals auch noch nicht offizielles Rankingkriterium.
Schlussfolgerungen zu den Auswirkungen von Trafficspitzen in den Core Web Vitals
- Traffic-Spitzen auf Einzelseiten können sich offenbar – mit etwas Zeitverzögerung – unerwartet stark auf die Gesamteinschätzung der Core Web Vitals einer gesamten Website auswirken (zumindest auf alle ähnlich aufgebauten Seiten).
- Der Effekt verfliegt relativ schnell, wenn sich die Felddaten-Quellen wieder normalisieren.
- Auch wenn die Web-Vital-Werte in der Search Console gut aussehen, sollte man die Laborwerte mit der Simulation von schlechten Internet-Anbindungen und -Geräten testen. Es ist nicht gesagt, dass die Nutzerzusammensetzung immer gleich bleibt.
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